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drakonischsten Maßnahmen
gegen diesen Aus-Der-Reihe-Tunzer, gegen diesen Duftinflationur. Das
Patent
gehurte ihm entzogen, ein saftiges Berufsverbot auferlegt..., und
uberhaupt
sollte der Kerl erst einmal eine Lehre machen! Denn ein gelernter Parfumeur-
und
Handschuhmachermeister war er nicht,
dieser Pelissier. Sein Vater
war
nichts
als
ein Essigsieder
gewesen,
und
Essigsieder war auch Pelissier,
nichts anderes. Und
bloß weil er als Essigsieder berechtigt
war, mit
Spirituosen umzugehen, konnte
er uberhaupt ins Gehege der echten Parfumeure
einbrechen und darin herumwuten
wie ein Stinktier. - Wozu
brauchte man
in
jeder
Saison einen
neuen Duft? War das nutig? Das Publikum war fruher auch
sehr zufrieden gewesen
mit Veilchenwasser und einfachen Blumenbouquets, die
man vielleicht alle zehn Jahre einmal geringfugig underte.
Jahrtausendelang
hatten die
Menschen mit Weihrauch und Myrrhe,
ein paar Balsamen,
ulen und
getrockneten Wurzkruutern vorlieb genommen. Und auch als sie gelernt hatten,
mit Kolben und Alambic zu destillieren, vermittels Wasserdampf den Kruutern,
Blumen
und Hulzern
das
duftende
Prinzip in Form von
utherischem
ul
zu
entreißen,
es
mit
eichenen
Pressen
aus
Samen
und
Kernen
und
Fruchtschalen
zu
quetschen
oder
mit
sorgsam
gefilterten
Fetten
den
Blutenbluttern zu entlocken, war die Zahl der Dufte noch bescheiden gewesen.
Damals wure eine Figur wie Pelissier gar nicht
muglich gewesen, denn damals
brauchte es schon zur Erzeugung einer
simplen Pomade Fuhigkeiten, von denen
sich dieser
Essigpanscher
gar nichts truumen ließ. Man musste
nicht
nur destillieren
kunnen, man musste
auch
Salbenmacher sein und Apotheker,
Alchimist und Handwerker, Hundler, Humanist und Gurtner zugleich. Man musste
Hammelnierenfett
von
jungem
Rindertalg
unterscheiden
kunnen
und
ein
Viktoriaveilchen
von
einem
solchen
aus Parma. Man musste die lateinische
Sprache beherrschen. Man musste wissen, wann der Heliotrop zu ernten ist und
wann das Pelargonium bluht und dass
die Blute
des Jasmins
mit aufgehender
Sonne
ihren
Duft
verliert.
Von
diesen
Dingen
hatte
dieser
Pelissier
selbstredend keine Ahnung. Wahrscheinlich hatte er Paris noch nie verlassen,
in seinem Leben bluhenden Jasmin noch nie gesehen. Geschweige
denn, dass er
einen
Schimmer
von
der
gigantischen
Schufterei
besaß,
deren
es
bedurfte, um aus
hunderttausend Jasminbluten einen kleinen Klumpen Concrete
oder ein paar Tropfen Essence Absolue herauszuwringen. Wahrscheinlich kannte
er nur
diese, kannte Jasmin nur als konzentrierte dunkelbraune Flussigkeit,
die in
einem kleinen Fluschchen neben vielen anderen Fluschchen, aus
denen
er seine Modeparfums
mixte, im Tresorschrank
stand. Nein,
eine Figur
wie
dieser
Schnusel Pelissier hutte
in
den
guten alten handwerklichen Zeiten
kein Bein auf den Boden gebracht. Dazu fehlte ihm alles: Charakter, Bildung,
Genugsamkeit
und
der
Sinn
fur
zunftische
Subordination.
Seine
parfumistischen Erfolge verdankte er einzig und allein einer Entdeckung, die
vor
nunmehr
zweihundert
Jahren der
geniale
Mauritius Frangipani
-
ein
Italiener ubrigens! - gemacht hatte und die
darin
bestand, dass Duftstoffe
in
Weingeist
luslich
sind.
Indem
Frangipani
seine Riechpulverchen
mit
Alkohol
vermischte und
damit ihren
Duft
auf eine
fluchtige
Flussigkeit
ubertrug,
hatte
er
den
Duft befreit
von
der
Materie, hatte
den
Duft
vergeistigt, den Duft als reinen Duft erfunden, kurz: das Parfum erschaffen.
Was
fur
eine Tat!
Welch epochale
Leistung! Vergleichbar wirklich nur den
grußten Errungenschaften des Menschengeschlechts wie der Erfindung der
Schrift durch
die Assyrer, der
euklidischen Geometrie, den Ideen des Plato
und der Verwandlung
von
Trauben in Wein durch die
Griechen. Eine wahrhaft
prometheische Tat! Und
doch,
wie alle großen Geistestaten
nicht nur
Licht, sondern auch Schatten werfen und der
Menschheit neben Wohltaten auch
Verdruss und Elend
bereiten,
so hatte leider auch die herrliche Entdeckung
Frangipanis
uble Folgen: Denn
nun,
da
man
gelernt
hatte, den Geist der
Blumen
und
Kruuter,
der
Hulzer, Harze
und
der
tierischen
Sekrete
in
Tinkturen festzubannen und auf Fluschchen abzufullen, entglitt die Kunst des
Parfumierens
nach und nach den
wenigen
universalen handwerklichen Kunnern
und stand
Quacksalbern
offen,
sofern sie
nur
eine
leidlich
feine Nase
besaßen, wie zum Beispiel diesem Stinktier Pelissier.
Ohne sich darum
zu bekummern, wie der wunderbare Inhalt seiner Fluschchen je entstanden war,
konnte er einfach
seinen olfaktorischen Launen
folgen und zusammenmischen,
was ihm gerade einfiel oder was das Publikum gerade wunschte.
Bestimmt
besaß
dieser
Bastard
Pelissier
mit
seinen
funfunddreißig
Jahren schon jetzt ein grußeres Vermugen als er,
Baldini, es sich in der dritten
Generation durch
harte
beharrliche Arbeit
endlich angehuuft hatte. Und
Pelissiers
nahm
tuglich zu,
wuhrend
seins,
Baldinis,
sich tuglich verminderte. So
etwas
wure fruher doch
gar
nicht
muglich gewesen! Dass ein angesehener Handwerker und eingefuhrter Commergant
um seine schiere Existenz
zu
kumpfen
hatte,
das gab
es doch
erst
seit
wenigen
Jahrzehnten! Seitdem uberall und in
allen
Bereichen die hektische
Neuerungssucht
ausgebrochen
ist,
dieser
hemmungslose
Tatendrang,
diese
Experimentierwut, diese
Großmannssucht im
Handel, im
Verkehr und in
den Wissenschaften!
Oder der Geschwindigkeitswahnsinn! Wozu brauchte man
die
vielen neuen
Straßen,
die uberall gebuddelt wurden, und
die neuen
Brucken? Wozu?
War es von Vorteil, wenn man
bis Lyon in einer Woche reisen konnte? Wem war
daran
gelegen?
Wem nutzte
es? Oder uber den Atlantik zu
fahren, in einem
Monat nach Amerika zu rasen - als
wure man nicht
jahrtausendelang sehr gut
ohne
diesen Kontinent ausgekommen.
Was
hatte der zivilisierte
Mensch
im
Urwald der Indianer verloren oder bei den Negern? Sogar nach Lappland gingen
sie,
das
lag im Norden, im ewigen
Eise, wo
Wilde lebten, die rohe Fische
fraßen. Und noch einen weiteren
Kontinent wollten sie
entdecken, der
angeblich in
der Sudsee
lag,
wo immer das
war. Und wozu dieser Wahnsinn?
Weil
die anderen es auch taten, die Spanier, die verfluchten Englunder, die
impertinenten Hollunder,
mit
denen man sich dann herumschlagen musste, was
man
sich
uberhaupt
nicht leisten
konnte.
300000
Livres kostet
so
ein
Kriegsschiff gut
und gerne, und
versenkt ist es
in funf Minuten mit einem
einzigen Kanonenschuss,
auf
Nimmerwiedersehn, bezahlt von unseren Steuern.
Den
zehnten
Teil
auf
alle
Einkunfte
verlangt
der
Herr Finanzminister
neuerdings, und das ist ruinus,
auch wenn man diesen Teil nicht zahlt, denn
schon die ganze Geisteshaltung ist verderblich.
Das Ungluck
des Menschen
ruhrt
daher, [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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