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zu führen? Raynor Drei war Mentorianer, und er hatte vermutlich damit gerechnet, daß er zu
irgendeinem Zeitpunkt im Verlauf des Unternehmens mit einem Arzt in Kontakt kommen
würde. Er gelangte in den verdunkelten Gang und anschließend in die kleine Krankenstation.
Das ihm bereits bekannte Mentorianermädchen beugte sich über Karol, der mit dick verbun-
dener Hand in einer Koje lag und fürchterlich stöhnte. Es hielt eine Injektionsnadel in der
Hand. Kurze Zeit nach der Injektion verebbte das grauenvolle Gejammer, und Karol wurde
ruhig. Langsam richtete sich die Mentorianerin auf, wandte den Kopf und sah Bart.
»Bartol«, sagte sie. »Sie sind verletzt! Keine weiteren Verbrennungen, wie ich hoffe.« Ihr
hübsches Katzengesicht sah bleich und erschöpft aus. Bart zuckte zusammen, als er seinen
Blick auf Karols bandagierte Hand richtete.
»Nur ein paar Schnittverletzungen«, erwiderte er in der Raumsprache. Meta hatte Lhari ge-
sprochen, aber es kam ihm normal vor, sie in einer menschlichen Sprache anzureden; außer-
dem hatte er in seiner Erschöpfung und mit seinen Schmerzen Sehnsucht nach dem Klang
vertrauter Worte.
»Der Zweite Offizier hat gerade nach dem Arzt geklingelt, und der ist jetzt weg«, sagte Meta,
diesmal in der Raumsprache. »Ich habe über die Sprechanlage mitgekriegt, daß Ringg verletzt
ist -«
»Wir waren zusammen in diesem Hagel-Unwetter unterwegs.«
»Nun, mit Ihren Prellungen und Schnittwunden werde ich schon fertig«, erklärte Meta forsch.
»Setzen Sie sich hin.«
Bart nahm Platz. In Ihrem weißen Kittel wirkte sie sehr klein, aber kompetent, und ihre Hände
waren sanft und kühl, als sie das Blut von seiner Stirn tupfte und ein beruhigendes antisepti-
sches Spray aufsprühte, das nach Pfefferminz roch. Bart lehnte sich zurück; vor Müdigkeit
fielen ihm halb die Augen zu. Es war angenehm, sich wieder in Gesellschaft eines menschli-
chen Wesens zu befinden. Einen Augenblick lang entspannte er sich und vergaß seine übliche
Vorsicht, als sie ihn fragte:
»Warum sind Sie denn überhaupt im Hagel draußen herumspaziert?«
»Als wir losgingen, hat es noch nicht gehagelt«, gab Bart matt zur Antwort, »die Sonne
schien so hell und grün, wie man es sich nur wünschen konnte.« Er biß sich auf die Lippen,
als er erkannte, daß er sich verraten hatte, aber sie verzog keine Miene, sondern klebte ein
durchsichtiges Pflaster auf die Wunde und befaßte sich anschließend mit den unbedeutende-
ren Verletzungen an seinen Armen. Dann griff sie nach seinem Handgelenk.
»Ich fürchte, es ist gebrochen, Sir«, erklärte sie. »Es müßte geröntgt werden.«
»Nein!« Barts schroffer Ausruf klang gebieterisch. »Nichts ist gebrochen. Es ist alles in Ord-
nung.«
»Tut das weh?«
Bart biß die Zähne zusammen. »Nein. Das wird schon wieder. Es ist nur verstaucht - alles
grün und blau; aber nichts Ernstes ... «
Er hörte, wie sie den Atem ausstieß; ihre Finger umklammerten schmerzhaft sein verletztes
Handgelenk. Er japste nach Luft, doch sie ignorierte es völlig. »Grün und blau«, wiederholte
sie flüsternd, »und die Sonne war so schön grün! Und Ihre Augen, wenn ich sie mir so ansehe,
stelle ich fest - wer sind Sie?
Bart spürte, wie er zu Seite kippte. Er glaubte, in Ohnmacht zu versinken. Erschrocken und
voller Verzweiflung blickte er zu Meta auf, beobachtete, wie sie schluckte. Sie starrte ihn mit
großen Augen an.
»Sie - Sie sind kein Lhari!« flüsterte sie. »Aber Sie sehen genauso aus -«
Bart nickte und ließ seine Schultern sinken. Es war alles vorbei. Der Schmerz in seinem
Handgelenk ließ seine Umgebung verschwimmen. Plötzlich bemerkte Meta, daß sie das Ge-
lenk noch umklammert hielt, und barg es mit einem leisen Aufschrei sanft in ihren Händen.
»Kein Wunder, daß ich keine Röntgenaufnahme machen sollte«, flüsterte sie. Sie biß sich auf
die Lippen und warf einen furchtsamen Blick zu Karol hinüber, der noch bewußtlos in seiner
Koje lag. »Nein, er kann uns nicht hören. Ich habe dem armen Kerl eine ziemliche Dosis
Hypnin gespritzt.«
»Na los«, forderte Bart in bitterem Ton, »rufen Sie Ihren Chef!«
Meta ging langsam zur Tür der Krankenstation und drehte den Schlüssel um. Dann wandte sie
sich Bart zu. Ihr Gesicht war bleich, sogar die roten Lippen hatten ihre Farbe verloren.
»Wer sind Sie?« flüsterte sie.
»Ist das wichtig?« fragte Bart verbittert. Entsetztes Begreifen zeigte sich auf ihrem Gesicht.
»Sie glauben doch nicht, daß ich Sie verrate? Möglicherweise würde man Sie sogar töten -
was ich zwar nicht annehme, aber es wäre doch möglich. Im Raumhafen auf Prokyon habe ich
Gerüchte gehört, daß sich ein Spion auf einem Lhari-Schiff eingeschlichen habe. Aber mir
war nicht klar ... « Sie brach ab. »Wissen Sie, am Ende des Flugs - ja, nach dem Flug werden
sie dafür sorgen, daß ich nichts Gefährliches verraten kann - aber erst nach dem Flug«, wis-
perte sie tonlos. »Und bis dahin sind Sie doch verschwunden, oder?«
»Wahrscheinlich.« Er hatte nicht die Absicht, nach Antares noch auf dem Schiff zu bleiben,
wenn es nicht sein mußte. »Doch Meta - was werden sie mit Ihnen machen, wenn sie heraus-
finden, was Sie wußten - und es nicht gemeldet haben?«
»Ach, gar nichts«, erwiderte sie mit erstaunten Augen. »Die Lhari tun doch niemandem et-
was.«
Er bekam einen harten Zug um den Mund. »Ich kann nur hoffen, daß Sie sich nicht irren.«
»Weshalb sollten sie mir etwas tun?« fragte sie, vernünftig argumentierend. »Sie brauchen
doch nur mein Gedächtnis zu löschen. Ich habe noch nie gehört, daß ein Lhari jemandem et-
was angetan hat.«
»Ich schon«, gab er zurück, während das schreckliche Ereignis wieder in seiner Erinnerung
auftauchte. Briscoe. Und sein toter Vater...
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